Um das Internet der Dinge (kurz: IoT) gibt es seit Jahren einen regelrechten Hype. Als eine Spielart der Chancen aus der Digitalisierung möchten viele Unternehmen hier Akzente setzen. Nur wenigen gelingt es allerdings, ihre Geschäftsmodelle an die neuen Möglichkeiten anzupassen. In einschlägigen Studien (Quelle: siehe unten) werden daher IoT-Projekte als Gradmesser für die Digitalisierung gezählt. Diese betreffen jedoch mit den Schwerpunkten Qualitätskontrolle, vernetzte Produktion, Sales und Logistik, Smart Supply Chain und Gebäudemanagement eher die Innensicht von Unternehmen. Für die schleppende Übersetzung in neue Geschäftsmodelle gibt es konkrete Ursachen. Diese beruhen meist auf tradierten Denkmustern und lassen sich im Ergebnis auf einen gemeinsamen Nenner reduzieren: Die grundständigen Geschäftsmodelle sind technologisch getrieben und aus Kunden- und Nutzersicht insuffizient. Das Kakadu-Prinzip bietet einen Gegenentwurf dazu an. Hier wird auf die Kapitalisierung verschiedener Zahlungsbereitschaften auf demselben Produkt fokussiert. Konkret: Mehrere Kunden auf demselben Produkt. Erfrischend anders, nachhaltig erfolgreich und wissenschaftlich begründet.
Anders denken lohnt sich vor allem auf der Geschäftsmodell-Ebene
Junggesellenabschiede haben es in sich: Der Bräutigam muss unangenehme Aufgaben lösen und seine Freunde haben ihren Spaß auf seine Kosten. Eine dieser unsäglichen Aufgaben ist der Bauchladen, bestückt mit einer Fülle unsinniger Produkte. Diese soll der Bräutigam besonders hochpreisig verkaufen, um einen Kostendeckungsbeitrag für seine Hochzeit zu erwirtschaften. Essen und vor allem die Getränke werden von den Freunden großzügig übernommen. Je schwieriger die Produkte, desto größer der Spaß!
Ein besonderer Ladenhüter sind Origami-Bücher. Die will keiner haben. Wohl dem, der eine gute Verkaufsstrategie entwickelt. Maßgeblich für die Titelfindung dieses Beitrags war diese besonders illustrative Strategie zur Geschäftsmodell-Entwicklung:
Nach mehreren erfolglosen und gleichsam peinlichen Versuchen das Buch als Gesamtwerk zu verkaufen, entschied sich der Bräutigam für einen Verkauf einzelner Seiten: „3 € und der Kakadu gehört Dir!“ Die Grundlage für einen beispiellosen Verkaufserfolg.
Auf die Zahlungsbereitschaft kommt es an
Wie hängt dies nun mit der Geschäftsmodell-Entwicklung zusammen?
In den meisten Fällen zielen Geschäftsmodelle und deren Produktentwicklung darauf ab, eine Kundengruppe mit hoher Zahlungsbereitschaft zu aktivieren. Hierbei dominiert die Innensicht des Anbieters.
Die Gewinnaussichten der zugehörigen Business Cases sind oft rosig. Die Realität allzu oft nicht. Besonders von diesem Phänomen betroffen sind Geschäftsmodelle für das Internet der Dinge (IoT).
Die Investitionen in eine smarte Infrastruktur und der verbundene Nutzen gehen oftmals weit auseinander.
Die Summe unterschiedlicher zahlungsbereiter Kunden macht den Case
Und das hat einen Grund: Aus Kundensicht befriedigen oft nur Teile eines Produkts ein konkretes und existierendes Bedürfnis. Und nur dafür hat der Kunde eine Zahlungsbereitschaft. Übersteigt der Produktpreis diese Zahlungsbereitschaft, so kauft der Kunde das Produkt nicht. Dabei ist es unerheblich, ob das Preis-Leistungs-Verhältnis für das Gesamtprodukt attraktiv ist oder nicht. Hier kommt das Kakadu-Prinzip ins Spiel:
Das Origami-Buch mit 50 Faltanleitungen findet für 5 € keinen Käufer. Der Kakadu, live und exklusiv für den Kunden aus dem Buch herausgerissen, wechselt dagegen für 3 € den Besitzer.
Stärken bündeln, statt Lücken schließen
Bei der Geschäftsmodell-Entwicklung ist es also entscheidend, möglichst viele Zielgruppen für einen Kauf zu aktivieren.
Dabei kommt der Veräußerungen von Teilnutzen eine besondere Bedeutung zu. Bei IoT-Produkten können auf derselben Plattform unterschiedliche Kundenbedürfnisse befriedigt werden. Über den Erfolg des Gesamtmodells entscheidet dann die kritische Masse der Kundenentwicklung. Dies gilt für alle beteiligten Nutzungs- bzw. Kundengruppen. Die Nutzensumme steigt also mit der Marktdurchdringung.
Erfolg durch die Bildung von Risiko- und Gewinnverteilungs-Gemeinschaften
Ebenso erfolgskritisch ist die Schlagkraft des Kooperationsmodells für die Leistungserbringung und Markterschließung. Selten ist ein Unternehmen allein und aus eigener Kraft in der Lage, ein attraktives Angebot zu schaffen. Bündeln dagegen verschiedene Partner ihre Stärken, sinken die Gestehungskosten der Produkte und steigen die Vermarktungschancen. Eine solche Kooperation ist dabei umso erfolgreicher, je besser es gelingt, eine Risiko- und Gewinnverteilungs-Gemeinschaft zu bilden. Gerade hierbei bieten sich neue, schnelle und äußerst interaktive Ansätze: Die individuellen Stärken lassen sich bündeln, um so eine verbesserten Time-to-Market zu realisieren.
Schließlich zahlt jeder Kunde nur für den Nutzen, der ihm etwas wert ist. Die Summe aller Zahlungsbereitschaften ist dann oftmals größer als bei dem ursprünglichen Gesamtpreis des Produkts. Von dem Kakadu-Prinzip profitiert die gesamte Gewinnverteilungs-Gemeinschaft.
Kritische Masse stets im Blick
Vor allem IoT Geschäftsmodelle scheitern häufig. Denn die Zeit reicht oft nicht aus, um genügend kaufwillige Kunden zu akquirieren. Eine zusätzlich zu schwache Kundenbindung bedeutet dann oft das Aus.
Jeder Nutzen hat dabei eine eigene kritische Masse. Hilfreich ist dann das Verständnis, ab welcher Kundenanzahl welcher Nutzen entsteht. Dabei entstehen viele Nutzen erst dann, wenn bereits viele Entscheider das Produkt gekauft und in Betrieb genommen haben. Ein schönes Beispiel dafür sind intelligente Stromzähler: Keiner nimmt sie freiwillig und jeder weiß, dass die Energiewende mit einem smarten Netz schneller und effizienter gelingt. Ohne Zwang scheint es nicht zu gehen. Eine irreführende These. Denn Smart Meter sind für den Anschlussnutzer allein viel zu teuer. In der Regel kann er die zusätzlichen Kosten durch eine Verhaltensänderung im Stromverbrauch nicht überkompensieren. Wären Smart Meter dagegen genauso teuer wie die herkömmlichen dummen Zähler, würde sie jeder freiwillig einsetzen. Dann kommt es darauf an, die nicht gedeckten Kosten durch weitere zahlungsbereite Kunden zu decken, die erst nach der Smart-Meter-Installation aufspringen. Ein Stromzähler befriedigt dann die Bedürfnisse vieler Nutzer und bündelt deren Zahlungsbereitschaften.
Fazit: Wie lautet nun die Quintessenz der Geschäftsmodell-Entwicklung nach dem Kakadu-Prinzip?
(1) Anders denken lohnt sich vor allem auf der Geschäftsmodell-Ebene
(2) Auf die Zahlungsbereitschaft kommt es an
(3) Die Summe unterschiedlicher zahlungsbereiter Kunden macht den Case
(4) Stärken bündeln, statt Lücken schließen – Kooperationen begünstigen den Erfolg
(5) Die stärksten Kooperationen Wurzeln in einer Risiko- und Gewinnverteilungs-Gemeinschaft
(6) Erst, wenn die kritische Masse erreicht ist, lässt sich das Gesamt-Geschäftsmodell etablieren. Hier zeigt sich eine weitere Stärke von Kooperationen.
Einen Blueprint gibt es nicht: Kein Geschäftsmodell gleicht dem anderen. Keine einzelne Methode kann den Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben. Vielmehr erfordert die Auseinandersetzung mit jedem Geschäftsmodell eine individuelle Zusammenstellung geeigneter Methoden und Vorgehensweisen: das Kakadu-Prinzip.
Das Origami-Buch hat an dem Abend übrigens 140 € in die Kasse gespült – sehr zur Freude des Bräutigams und seiner Freunde.
Tipp:
IoT-Studie 2020 von COMPUTERWOCHE und CIO:
https://www.computerwoche.de/a/firmen-profitieren-zunehmend-von-iot,3548086
Tipp:
Heinz, Sebastian (2017): Markterschließung im Kooperationsmodell – Eine alternative Strategie zur Einführung intelligenter Strommesssysteme in Deutschland. Hochschulschrift.
https://duepublico2.uni-due.de/receive/duepublico_mods_00043590
Tipp:
Erfahren Sie mehr über Kooperationen und digitale Ökosysteme in diesem Beitrag: