In diesem Artikel beschreibe ich 6 Gründe warum Unternehmen an der Umsetzung von Multichannel-Strategien scheitern. Zahlreiche Einzelstudien zum Marketing, dem Kundenservice oder dem Customer Experience zeigen oft ein signifikantes Gap zwischen der unternehmensinternen Wahrnehmung und der Kundenwahrnehmung. Mit Hilfe des Modells der 6 Implikationen zur digitalen Transformation, zeige ich 6 „Show-Stopper“ auf. Diese sind aus meiner Sicht die häufigsten Ursachen für das Scheitern von Multichannel-Strategien. Wie immer ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Sämtliche Studien zu Mehrkanal-Strategien kommen zu dem selben Ergebnis: Konsequent ausgerollte Multichannel-Strategien generieren einen Effektivitäts-Zuwachs von ca. 60 %. (vgl. z.B. Studie AdReaction von KantarTNS). Das ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Denn die gleichen Studien kommen auch zu dem Ergebnis, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen bei der Umsetzung scheitern. Bevor ich auf die 6 Ursachen eingehe, möchte ich noch eines vorwegschicken:
Multichannel-Strategien sind im Zeitalter der Digitalisierung ein fundamentaler Bestandteil des gesamten Wertschöpfungsprozesses eines Unternehmens. Die Kommunikation ist dabei nur die Basis um Business-Modelle zu etablieren. Multichannel-Strategien vereinen alle Bereiche: Kundenservice, Markenführung, Kunden-Dialog, etc. Der Einfluss auf die zukünftige Unternehmensentwicklung ist dabei enorm.
Tipp:
Warum scheitern also Unternehmen an Multichannel-Strategien?
1.) Implikation Stakeholder: Weil immer noch mit klassischen Zielgruppen-Modellen gearbeitet wird.
Entwickeln Sie personabezogene Use-Cases und validieren Sie diese fortlaufend. Was erwartet der Kunden in jedem einzelnen Moment seiner Kundenreise und wie läßt sich diese Erwartung kanalspezifisch erfüllen? Klassische Zielgruppen-Segmentierung und Sinus-Milieus gehören in die Markenführung und haben im Rahmen von Multichannel-Strategien kaum eine Aussage.
2.) Implikation Corporate Identity: Weil die Markenwerte nicht kanalgerecht übersetzt und konsequent operationalisiert werden.
Übersetzen Sie die Werte Ihrer Marke kanalspezifisch. Überprüfen Sie dabei, inwieweit Sie die abstrakte Brand DNA zu emotional erfahrbaren Nutzen wandeln können. Achten Sie aber auch bei einer zunehmenden Kanalvielfalt darauf, die CI über alle Kanäle stringent zu manifestieren. Kanalspezifische Anpassung und Markenidentität muss dabei kein Widerspruch sein. Hier verweise ich gern auch nochmal auf den Beitrag des Kollegen Jörn Winter: Keine digitale Markenführung ohne Markensprache
3.) Implikation Organisation: Weil die notwendigen Rahmenbedingungen zur Entwicklung crossfunktionaler Prozesse und Teams nicht gegeben sind.
Multichannel-Strategien lassen sich nur umsetzen, wenn Teams crossfunktional arbeiten können. Hierfür müssen Strukturen und Hierarchien unternehmensweit neu gestaltet werden. Die Entwicklung des einzelnen Mitarbeiters ist ein Schlüsselfaktor, damit sich das Unternehmen den neuen Umweltbedingungen anpasst. Neben der Entwicklung eines kundenzentrierten Mindsets, müssen auch der Verantwortungs- und Wirkungsbereiche des einzelnen Mitarbeiters neu definiert werden. Insbesondere das mittlere Management ist hier mit Coaching-Aufgaben gefordert. Tipp: Lesen Sie dazu einmal den Beitrag des Kollegen Falk Bothe: Digital Leadership bedeutet Freiräume und Coaching
4.) Implikation Technologie: Weil proprietäre Altsysteme immer noch fundamental in den Prozessen integriert sind.
Die IT ist in vielen Unternehmen die heilige Kuh. Hier wird gern mit den lebenserhaltenden Funktionen alter und „liebgewonnener“ Systeme argumentiert, die jegliche API-REST Software-Einführung torpedieren. Schnittstellenprobleme müssen der Vergangenheit angehören – das sind Probleme der 90ziger! Mit einer siloartigen Systemlandschaft, lassen sich keine tiefgreifenden Multichannel Strategien umsetzen. Crossfunktionale Organisationen benötigen eine crossfunktionale Systemlandschaft, um kanalübergreifende Kundenerlebnisse zu ermöglichen.
5.) Implikation Kanäle: Weil kein kanalübergreifendes Kundenerlebnis möglich ist.
An dieser Stelle laufen die Aspekte der Implikationen 1-4 zusammen. Allerdings möchte ich hier den Fokus neben Technologie & Daten auf die kanalgerechte Konzeption bzw. Kreativität legen. Die basale Frage an dieser Stelle lautet: Welcher Kanal kann mit welchem Konzept entlang der Kundenreise einen maximalen Impact liefern? Anders ausgedrückt: Was fangen wir mit unseren Daten und unserer technologischen Infrastruktur kanalspezifisch an? Fördern Sie die kreativen Prozesse, indem Sie auch hier crossfunktionale Teams zusammenstellen.
6.) Implikation Marketing: Weil das Marketing immer noch eine operative Service-Einheit der Markenführung ist.
Jetzt wird es politisch! Wie eingangs erwähnt, geht es bei Multichannel-Strategien um weitaus mehr, als um das Ausrollen von Werbekampagnen. Das Marketing muss mindestens einen Sitz im Management Board haben. Denn das Marketing ist ein integraler Bestandteil für Produktentwicklung, Kundenservice, Kommunikation und die Entwicklung von Wertschöpfungsketten. Strategische Stoßrichtungen müssen also zusammen mit dem Marketing verabschiedet werden. Unleash your Marketing!
Fazit:
Es erfordert Mut und Durchhaltevermögen das eigene Unternehmen zu einem echten Multichannel-Unternehmen zu entwickeln. Doch die Zeit sich an Powerpoint-Folien zur Digitalisierung und zu Mehrkanal-Strategien abzuturnen ist definitiv vorbei. Nun heißt es ernsthaft das Unternehmen in eine neue Ära der Unternehmens-Umwelt-Beziehung zu führen. Denn es benötigt keine disruptive Übermacht, um sich aus dem relevant Set der Kundschaft zu katapultieren. Dazu reicht schon Untätigkeit oder Halbherzigkeit in der Umsetzung.